Passagen
Eine Frau steht alleine an der Reling eines Passagierschiffes und blickt in die blaue Ferne. Sie wird sich für uns erinnern, an eine Ankunft in New York, an den Spaziergang eines jungen Paares durch Chinatown, an die Hausboote in Shanghai und die aufgeregten Kinder, die sich um die Besucherin mit der obskuren Bild-maschine scharen. Unter diesen Bildern liegen ferne Reisetöne, und parallel dazu entspinnt sich eine Montage verschiedenster Menschen, die einmal - unfreiwillig - aus Wien weggingen oder irgendwann hier ankamen. (...)
Lisl Ponger erzeugt eine imaginäre Karte des zwanzigsten Jahrhunderts, auf der sich Emigrationsgeschichten wie Dauerspuren eines abendländischen Gedächtnisses eintragen. Die Bilder der aufmerksamen Vergnügungs-Reisenden erweisen sich in ihrem Spannungs-verhältnis zum Ton als postkoloniale Ausflüge durch eben diese Länder, die zeitlich wie räumlich längst kurzgeschlossen wurden. Nicht zuletzt die wunderschönen Leuchtschriften "Hotel Edison" und "Radio City" erinnern an den Ursprung dieser Form der Aneignung der Welt, an die Zeit der großen Expeditionen, der Benjaminschen Schaufenster und Passagen, an die Zeit, als technische Medien und Transportmittel die Wahrnehmung des modernen Menschen grundlegend veränderten. (Christa Blümlinger)
Lisl Ponger macht in einem sensiblen Gestus deutlich, daß es weder ein hermetisches Gedächtnis noch eine feststehende Unschuld der Bilder gibt - und daß die found footage-Kunst keiner Kunstgriffe bedarf, um die Naht-stellen zwischen Privatheit und dem verborgen Politischen sichtbar zu machen. (Robert Buchschwenter)