Zócalo
Zócalo zeigt einen prall-bunten Katalog von in Mexico gesammelten Reisefotos - komplett mit Stierkampf, Azteken-Pyramiden und Karibiksandstrand. Steiner hat diese dann im Studio zu einem rasanten Tanz animiert und mit malerischen Verfahren tiefgreifend überarbeitet. Der Film setzt als energetisches Pulsieren flüchtiger Bilder und eines repetitiv treibenden Musikstroms ein, der an Steve Reich erinnert. Ungefähr ab der Mitte klärt sich die von Steiner ebenso wie die Bilddokumente verfremdete Musik zu einer 1:1-Wiedergabe der jetzt einzeln wahrnehmbaren akustischen Instrumente. Zócalo ist ein Schichtwerk, dessen zahlreiche visuelle Ebenen - entstanden durch mehrfaches Belichten - einem andauernden Spiel von Verschmelzung und Separation unterworfen sind. Zuweilen verdeckt die abstrakte gestische Malerei die "dahinterliegenden" Schnappschüsse völlig; oft arbeitet Steiner in der applizierten Schicht mit Masken, sodaß die Einheit des Filmbildes gesprengt wird und "Fenster" entstehen, die einen Ausblick von der zweidimensionalen Ebene in die repräsentierte Tiefe der photographierten Szenen freigeben; zumeist wechseln Abstraktes und allzu Konkretes einander rasend schnell ab. Es resultiert ein Versteck- und Verdeckspiel, in dem erkennbaren Abbildern, um nicht zu sagen Klischees, die augenblickliche Lesbarkeit immer wieder entzogen wird. Ein Urlaubsfilm? Ein Kunstwerk? Was hier aufeinanderprallt, sind verschiedene Kulturen, Zeiten und Sehweisen, sowie Weisen der Aneignung und Gestaltung von Wirklichkeit. Das kraftvolle Wuchern der Malstrukturen in Zócalo greift auf die künstlich belebten Fotos über. Dennoch bleiben mitunter Bilder stehen wie Begriffe: "Die Nachfahren der Mayas tragen ihre Folklore zu Markte." Was haben wir (als Wahrnehmende, Denkende, Gestaltende,...) dem entgegenzusetzen? Die Fragen, die der Film solcherart unweigerlich aufwirft, kann er selbst nicht mehr eindeutig beantworten. (Thomas Korschil)
Zócalo
1997
Österreich
8 min