Finale

Eine Frau (Sabine Marte) kämpft im Kreis einer Ringer_innenhalle mit einer Sandsackpuppe (Bill). Bill ist ein großer Dummy: abgenützt, abgekämpft und einarmig. Die Frau schiebt die Puppe, ringt, rollt mit ihr, über sie, an ihr entlang und auf ihr herum. Bill ist einen Kopf größer und beträchtlich voluminöser als die Frau. Hin und wieder pebbelt die Puppe zurück und der Frau entgegen oder schlenkert ihren Arm, ansonsten aber wirkt sie reichlich unbeteiligt.
Irgend etwas ist eckig und beunruhigend an diesem kleinen Kampf-Video. Merkwürdig unlogisch und mulmig wirken die Bewegungsfolgen, irgendwie von hinten nach vorne. "Es ist so eine komische und gute Idee, die Aktion von hinten aufzurollen. Das gibt ihr diese Schlenker-Gemeinschaft mit der Ringerin; insbesondere gegen Schluss einen Schuss Trauer am Auseinander-Gehen", schreibt die Künstlerin Gertrude Moser-Wagner über Finale. "Das Kampf-Video läuft rückwärts ab", erklärt Sabine Marte, "ausgeteilte Schläge und Würfe verkehren sich in ein Auffangen derselben. Es gibt nur mehr invertierte Gesten". Aber was bleibt von einem Kampf, dessen ursprünglicher Impuls verloren gegangen ist, der keine Narration und wichtiger noch keine Motivation mehr hat?
Ein umgekehrter Kampf ist kein Kampf mehr, so viel ist augenscheinlich. Statt dessen, und nicht minder beunruhigend, tritt eine Körperlichkeit hervor, die zwischen der Frau und der trägen, ledrig-speckigen Puppe entsteht, und gewinnt an sexualisierter Dichte. Ich beginne, mit der Puppe zu fühlen, es geht mir wie Moser-Wagner: "Die Puppe hat eine dicke Madenform und harmlose Eigenart, dass sie einem Leid tut als Objekt". Leid tut mir Bill umso mehr, als mich die reduziert-analytische Musik (von Markus Marte, auch für die Kamera zuständig) an den Soundtrack von Tarantinos Kill Bill zu erinnern beginnt. Kill Bill? Arme Puppe.

(Johanna Schaffer)


Videoperformerin Marte ringt mit den stattlichen Sprungfederndummy Bill, der durch Animationstechniken zum Leben zu erwachen scheint: der Martial-Arts-Film dieser Diagonale.

(Diagonale Katalog, 2007)

Orig. Titel
Finale
Jahr
2007
Land
Österreich
Länge
4 min
Regie
Sabine Marte
Kategorie
Avantgarde/Kunst
Orig. Sprache
Kein Dialog
Downloads
Finale (Bild)
Finale (Bild)
Finale (Bild)
Credits
Regie
Sabine Marte
Kamera
Markus Marte
Verfügbare Formate
Betacam SP (Distributionskopie)
Bildformat
4:3
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe
Festivals (Auswahl)
2007
Graz - Diagonale, Festival des Österreichischen Films
2008
Berlin - Int. Filmfestspiele Berlinale - Forum Expanded
Wien - VIS Vienna Independent Shorts
Rio de Janeiro - Femina Women Film Festival
2009
Wroclaw - WRO-International Media Art Biennale