arcana
Ein durchkomponierter, musikalisch arrangierter Montage-Reigen. So nimmt sich Henry Hills’ arcana aus, ein fulminantes 30minütiges Cut-up-Epos, das Found Footage und Selbstgedrehtes mit einem vorgefertigten Soundtrack in geradezu arithmetischer Manier verschränkt. Ausgangspunkt ist ein schriftliches Film-Treatment des Musikers John Zorn, worin 254 Szenen, gebündelt zu 15 Sequenzen, in kurzen, teils kryptischen Beschreibungen festgehalten sind. Hills hat, ganz im Stile eines Harry Smith oder Bruce Conner, zu jeder der 254 Script-Anweisungen Aufnahmen unterschiedlichster Herkunft gesammelt und in einen komplex verzweigten Assoziationsstrom münden lassen. Unterlegt oder besser verzahnt ist die Szenenfolge mit Stücken aus der John-Zorn-Komposition The Bribe (1998), einer musikalischen Hommage an den Krimiautor Mickey Spillane.
Noir-Fiktionen wie jene Spillanes bilden den atmosphärischen Grundton von arcana, dessen Anspielungsreichtum aber nicht beim Crime- und Pulp-Kino der 1950er-Jahre Halt macht. Vielmehr enthält der Bilderfluss zahlreiche wiederkehrende Motive – Akte des Schneidens etwa, Wasser und damit zusammenhängendes Fließen, Zäume und Treppen, sowie unzählige Diagramme – aus so unterschiedlichen Quellen wie B-Pictures, Newsreels oder historischen Avantgardefilmen, allesamt verschnitten mit auf Video bzw. 16mm gedrehten Alltagsminiaturen. Zugleich spielt der Film beharrlich auf Alchemie und esoterisches Geheimwissen an, als ob hinter der Schnittfolge eine ars combinatoria höheren Grades stünde. Diese bleibt aber in dem Maße ungreifbar wie arcana den Spannungsbogen bis zuletzt aufrechterhält – mittels einer musikalisch getakteten Montage, die ein vielstimmiges Resonieren, ja ein Mysterium der Bilder im besten Sinne bewahrt.
(Christian Höller)
arcana basiert auf einer von John Zorn in den 80ern geschriebenen Partitur "Treatment for a Film in Fifteen Scenes" (zumeist aus Hauptwörtern) mit Zorns Musik aus der gleichen Zeit. Ein striktes Festhalten an den Text gab letztlich verwunderlich große Freiheit. arcana beginnt im Stile eines Film Noir. Später, wenn sich der Text in eine komplexe musikalische Struktur entwickelt, die typisch für Zorns Spielstück und Karteikarten-Kompositionen ist, bringt der Film in einer alchemistischen Suche andere (oft ominöse) narrative und symbolische Stränge ein, darunter die Hindenburg-Katastrophe, ein slowakischer Philosoph/Dichter nach Sinn suchend, ein hyperaktiver Pinguin, eine Glühbirne, ein Abstieg in die Unterwelt, Momente der Liebe und des Verlustes, die blaue Blume.
(Henry Hills)
arcana
2011
USA, Österreich
30 min