Unter den Brettern hellgrünes Gras
Ceija Stojka hat überlebt. Sie war als Kind in den Vernichtungslagern der Nazis. In Auschwitz und Ravensbrück. Und in Bergen-Belsen, wo sie und ihre Mutter von den Alliierten befreit wurden. Das war 1945, vor 60 Jahren. Und während die Republik Österreich das Jahr 2005 zum "Gedankenjahr" erklärt hat – 60 Jahre Ende des 2. Weltkriegs, 50 Jahre Staatsvertrag – und sich selbst feiert, erinnert sich die heute 72jährige Romní Ceija Stojka vor der Kamera an die Zeit in Bergen-Belsen.
In Karin Bergers Film Unter den Brettern hellgrünes Gras berichtet sie mit unbestechlicher Direktheit und vitaler Gegenwärtigkeit vom Grauen: welche Strategien sie entwickeln musste, um nicht ermordet zu werden oder vor Hunger zu sterben; wie sie die Befreiung erlebte und wie schwer es war, das alltägliche Leben nach den Erfahrungen in Bergen-Belsen wieder aufzunehmen.
Dass dieser leidenschaftliche Bericht vom Überleben von einer Kamera aufgezeichnet werden konnte, verdankt sich der langjährigen Freundschaft zwischen Ceija Stojka und der Filmemacherin Karin Berger. Gemeinsam haben sie in den letzten 20 Jahren bereits zwei autobiografische Bücher und einen Kinofilm (Ceija Stojka, 1999) veröffentlicht und auch Unter den Brettern hellgrünes Gras ist das Dokument einer Begegnung: ein fast zur Gänze "gesprochener" Film; in raue, intensive Bilder gefasst; mit wenigen Mitteln (Zwischentitel, atmosphärische Sequenzen) strukturiert zu einer kompakten filmischen Erzählung.
Unter den Brettern hellgrünes Gras verzichtet souverän auf die gängigen "Bilder des Grauens" und konfrontiert sein Publikum mit der Bildermächtigkeit der Sprache und der Komplexität gelebter Erinnerung. Ein Geschichtsdokument, ein Gesellschaftsporträt.
(Constantin Wulff)
Unter den Brettern hellgrünes Gras
2005
Österreich
52 min