Crisis
Bereits nach dem ersten Bild, einer friedlichen Szene am Strand vor einer Stadt, eröffnet sich eine Konstruktion der Differenzierung. Die Badeszene am Meer verschiebt sich und die Mitte bildet die Grenze einer Spiegelung: hier schwarz/weiß, dort weiß/schwarz, hier positiv und drüben negativ, die eine Seite vertraut und die andere fremd. Die gleichen Zuschreibungen sind bestens von gesellschaftlichen und ideologischen Konstruktionen bekannt. Leopold Maurer macht mit seinem minimalistisch gezeichneten Trickfilm darauf aufmerksam, dass sich trotz der vorhandenen Vorstellung die Personen beider Seiten ähnlich verhalten.
Eine Welle spült die Sandburg hinweg, an der zwei Kinder spielen. An der Grenze ist selbst über ein solch harmloses Ereignis keine Verständigung möglich, die folgende Schuldzuweisung erzeugt Aggression. Andere mischen sich ein oder werden eingemischt. Bald sind ein heftiger Streit und Kampf im Gange bis das Meer die meisten der kriegführenden Protagonist*innen hinwegrafft. Witzig sind die Effekte, die aufgrund der einem Scherenschnitt ähnlichen Technik, entstehen. Wenn eine der Figuren die Grenze überschreitet, verschwindet sie und nur ein Accessoire wie die Sonnenbrille bleibt noch sichtbar. Dieses Prinzip der Darstellung von Schablonen in schwarz oder weiß ist visuell spannend und verweist abermals auf vereinfachende Hypothesen von Identitäten oder Kulturen. Die einzelnen Individuen lösen sich auf, werden gelöscht, können nicht wahrgenommen werden.
Nach dem Desaster löst ein Spiel der Kinder mit dem Tausch der Köpfe und damit der Subjekte Entsetzen aus und nur ein kompletter Neustart und Seitenwechsel bringt wieder Frieden in die Szene, diesmal allerdings gegengleich. (Brigitta Burger-Utzer)
Crisis
2021
Österreich
4 min