ELFRIEDE JELINEK - DIE SPRACHE VON DER LEINE LASSEN
«Von großer Schönheit und aus der Zeit gefallener Fremdheit sind die Dokumente – Interviews, TV-Auftritte aus 50 Jahren, unterfüttert von rasch geschnittenem zeitgeschichtlichem Material und von satten, ruhigen Bildern aus der Gegenwart.» (Berliner Zeitung)
«Jelineks Texten, das ist eine bemerkenswerte Leistung des Films, kommt dabei ihre viel beschworene Rätselhaftigkeit abhanden. Sie erscheinen hier eher als ein zart versponnenes, aber logisches Gewebe.» (Nachtkritik)
«Die Sprache von der Leine lassen ist eine wunderbare Würdigung, die vor allem auch Lust auf das (Wieder-)Lesen macht.» (Berliner Morgenpost)
Wunderkind, Skandalautorin, Vaterlandsverräterin, Feministin, Modeliebhaberin, Kommunistin, Pessimistin, Sprachterroristin, Rebellin, Enfant terrible, Nestbeschmutzerin, geniale, verletzliche Künstlerin, Nobelpreisträgerin.
Der Film über Elfriede Jelinek, die als erste deutschsprachige Schriftstellerin mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde, stellt ihren künstlerischen Umgang mit der Sprache in den Mittelpunkt. ELFRIEDE JELINEK - DIE SPRACHE VON DER LEINE LASSEN ist ein vielschichtiges, assoziatives Filmporträt voller Widersprüche und nähert sich der sprachlichen Montagetechnik der Künstlerin aus ihrer ganz eigenen Perspektive. (Produktionsnotiz)
„Betrachten Sie mich JETZT!,“ sagt Elfriede Jelinek zu Beginn von ELFRIEDE JELINEK - DIE SPRACHE VON DER LEINE LASSEN. Sie hält ein Stück Papier in die Kamera, das sie kurz absenkt, um den Blick auf sich frei zu geben. Auf dem Papier eine Rechenaufgabe, die auf das, was im Bild passiert, verweist. Es ist eine Anordnung, die uns zwingt zu lesen, oder auch: Wir lesen, um zu sehen – und Jelinek schreibt, um gesehen zu werden. Sehen, im Sinne von Erkennen.
Jelinek ist unterwegs, in Wien und anderen Städten, in verschiedenen Jahrzehnten. Die Reise beginnt mit dem Nobelpreis – Jelinek war die erste Österreicherin, die den Nobelpreis für Literatur erhielt – und arbeitet sich entlang spezifischer Themen die das Werk der Autorin charakterisieren, vorwärts. Die Filmemacherin Claudia Müller, die sich mit Dokumentationen über so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Jenny Holzer, Shirin Neshat, VALIE EXPORT oder Helmut Lang einen Namen gemacht hat, arrangiert gemeinsam mit ihrer Bildgestalterin Christine A. Maier aktuelle Aufnahmen und Archivmaterialien von, mit und über Jelinek souverän und lustvoll zu einem Porträt der Autorin. Dabei ist die Bandbreite des Materials erstaunlich und gelingt es immer wieder mit noch Unbekanntem zu überraschen. Müller und Editorin Mechthild Barth entscheiden sich wiederholt für Ausschuss oder Peripheres, wodurch wir in den Genuss von Aufnahmen Jelineks etwa mit ihrem Hund oder mit einem Stapel Preisgeld in der Hand kommen. Es sind Bilder, die dem öffentlichen, von Zuschreibungen aller Art geprägten Image, Widerstand bieten. Leseproben aus dem Off (mit u.a. Stefanie Reinsperger und Sandra Hüller) und Material rund um einschneidende Ereignisse aus der österreichischen Zeitgeschichte (wie etwa das Attentat von Oberwart auf vier Roma 1995 oder das Massaker von Rechnitz im März 1945) ergänzen die vielschichtige Collage historischen und aktuellen Materials.
„… es ist wirklich alles gesagt.“, stellt Jelinek gegen Ende fest. Die Autorin tritt nicht mehr in der Öffentlichkeit auf und erklärt nichts mehr. Während sie sich ganz und gar auf ihre Arbeit und also ihre Sprache konzentriert, gibt Claudia Müllers Film uns jetzt die Gelegenheit zu sehen – und jenseits eindimensionaler Kausalitäten zu verstehen. (Sylvia Szely)
ELFRIEDE JELINEK - DIE SPRACHE VON DER LEINE LASSEN
2022
Deutschland, Österreich
96 min
Dokumentarfilm
Deutsch
Englisch, Französisch, Spanisch