My Sleepless Friends
Ein junger Mann spricht in einem Zoom-Gespräch mit der Filmemacherin über Schlaflosigkeit als Ausweg. Um 4 Uhr 30 morgens einkaufen zu gehen und von niemandem gesehen zu werden – so habe er sich vor taxierenden Blicken und vor möglicher, vielleicht auch nur imaginierter Ablehnung geschützt. Hinter ihm an der Wand hängt das Plakat des Horrorfilms Hellraiser, aber eigentlich würde das Sujet von Nightmare on Elm Street noch besser passen. Wer dort einschläft, wird von Freddy Kruger bzw. von den Ausgeburten der eigenen (Alp-)Träume getötet. Wach bleiben! – So lautet die Devise, heute offenbar mehr denn je.
Schlaflosigkeit sei eines der größten gesellschaftlichen Probleme des 21. Jahrhunderts. Es ist überraschend und berührend zugleich, dass die iranische Filmemacherin und -theoretikerin Tara Najd Ahmadi ausgehend von diesem Befund zumindest im Kino zu einem traumwandlerisch leichtfüßigen Duktus findet. Zwar versammelt My Sleepless Friends Menschen, die aus den unterschiedlichsten Sorgen, Belastungen, Befürchtungen nicht zur Ruhe kommen, doch sie sprechen hier unverkennbar mit einer guten, aufmerksamen Freundin, die es noch dazu versteht, ihnen mit wunderbar montierten Impressionen auf 16mm-Material jene bilderreichen Ruhemomente zu schenken, derer sie dringend bedürfen.
Einerseits sei der Traum Ausdruck des Unbewussten, andererseits aber stelle er bereits eine Zensur dar, die spezielle Ängste und Wünsche nicht vollends zur Entfaltung bringe, sagt ein bekennender Schlafwandler in Anlehnung an Freud. Wer nicht träumt, der verarbeitet Leben und Alltag nicht wirklich. Es ist wohl kein Zufall, dass Tara Najd Ahmadi ihren Film in Wien gemacht hat. Am Ende lädt sie ein zu einem Tänzchen durch die lange Nacht, die oft kein Ende nehmen will. „You got it?“ (Claus Philipp)
Doostane Bikhabe Man
2023
Österreich, Iran
20 min
Dokumentarfilm
Farsi, Deutsch, Englisch, Slowenisch
Englisch