Pastry Friday
Ein horizontal quaderförmiges Gebäude inmitten einer Wohnblocksiedlung mit Betontreppen und Metallgeländern, Dixi-Klos und Baustellenlärm. Ein eher unwirtlicher Ort in Südmähren, der jedoch mit einem Sehnsuchtspunkt aufwartet: Es ist Freitag, und Jung wie Alt brechen auf, um Platz zu nehmen an den fünf Tischen dieses Flachbaus mit großer Fensterfront. In der Glasvitrine locken Cremeschnitten und Konditorware aus der ehemaligen Monarchie mit klingenden Namen wie Indián, Mandarinkový dort oder Cikérová špice. Die Kinder bestellen Kracherl mit Strohhalm, die Größeren genießen still oder wischen am elektronischen Gerät. Gesprochen wird nichts.
Es ist nicht zum ersten Mal in einem Film von Josef Dabernig, dass einem Jacques Tati in den Sinn kommt. Beide treten gerne vor die Kamera in ihrer leisen Komik, beide lassen Nicht- oder Unorte zu ihren Hauptakteuren werden und misstrauen dem gesprochenen Wort, die Sprache der Objekte ist beredt genug. Es zählen allein die Geräuschwelt, schön skizziert von Michael Palm mit Presslufthammer und dem Schlagen des Kochlöffels in der Teigschüssel, das fallweise bedeutungsschwangere Zunicken, das Schnarren der Videogames und das Durchschreiten des Spielraums. Die Roller und Kinderwagen müssen am Gehsteig warten, die Realität der Straße wird suspendiert – und kommt doch wieder herein über den fernen Verkehrs- und Baggersound. Eine Atmosphäre des Wartens, der süßen Langeweile durchzieht den Film. Wir finden uns aber nicht an einem Lazy Sunday wieder, nein, es ist der Pastry Friday, der frühe Feierabend am letzten Arbeitstag der Woche. Frei nach The Cure: I don't care if Monday's blue / Tuesday's grey and Wednesday too / Thursday, I don't care about you / It's Friday … oder ganz einfach: Freitag nach eins macht jeder seins. Exzerpt eines post-dramatischen Alltags in dramatischen Zeiten.
(Regina Schlagnitweit)
Pastry Friday
2022
Österreich
12 min