Prince of Peace
Wirklichkeit in eine andere Wirklichkeit verändern. Aber fragen Sie mich nicht, von welcher in welche andere. Keinen Sinn, keine Fragen. Näher kommen. Das Sehen lieben. Liebend sehen. Tanzen. Kann Tanzen traurig sein? Okay, keine Fragen. Ein toter Freund. (Hans Scheugl)
Eingang zu einem Herrenpissoir in einer Wiener Fußgängerpassage. Kirchenglocken im Off. Anonyme Männer werden mit unbarmherzigem Schnittrhythmus immer näher an die grobkörnige Glastür herangeführt, in strophischen Bewegungen immer tiefer hineingesogen in den uneinsehbaren Raum. Dazwischen Fotos aus einem pornographischen Magazin, auf denen ein tätowierter Heiland zu quälender Blasmusik in direkte Verbindung mit dem Geschlechtsverkehr zweier Männer gebracht wird. Prince of Peace steht unter dem Christuskopf.
Fragen: Sind Glocken Antrieb oder bebildern sie katholischen Hintergrund? Erzählen die Refrains von einer real existierenden Grauzone oder bebildern sie Phantasie? Steht der Prinz des Friedens für Erlösung aus auswegloser Situation oder für machistisches Pathos, das schon zu tief unter die Haut gegangen ist? Und sind die atonalen Licht- und Tonströme, die am Ende von der Toilettentür ausgehen, abstoßend oder anziehend? Ein Mann kann in der vorletzten Strophe entrinnen. Gibt es eine Fluchtmöglichkeit?
Darüber hinaus: erdrückend profane, schmucklose Materialität. Alltäglicher Untergrund, billiger Hochglanz, direkte Sprache (allein im Abdecken nackter Tatsachen mit weißem Papier). Am Ende die Widmung an einen toten Freund. (Claus Philipp)