Staging Death
Niemand stirbt schöner als Udo Kier. Sein vielgestaltiges Vergehen in mehreren Dutzend Rollen wird in Jan Soldats Staging Death via vifer Montage zum Galoppritt durch fünf Jahrzehnte Film- und Fernsehgeschichte und zum umfassenden Tribut an diesen furchtlosen Schauspieler, einen Surfer zwischen (vermeintlich) hehrer Kunst und heiligstem Trash. Kiers idiosynkratische Darstellungen triefen vor eigenwilliger Kreatürlichkeit, die in den Momenten seines Leinwandtods am klarsten, am reinsten, am schönsten zum Vorschein kommt. Die legendären blauen Augen mal geöffnet, mal geschlossen, der Mund mal weit aufgerissen zum letzten Schrei, mal schmerzverzerrt, mal beinahe friedvoll lächelnd. Der Körper, gerade noch nicht Leichnam, zuckt oder ruht oder wird zerschossen und zerrissen. In Jan Soldats kunstvoll verspielter Verdichtung dieser beispiellosen Karriere tut sich mit jedem Wimpernschlag ein neuer Kosmos auf und jeder einzelne lässt vermittels Textur und Atmosphäre schließen auf Produktionsmittel und -zusammenhänge: von Autorenfilm bis Videothekenfutter, von Sexploitation bis Kinderfernsehsendung, von Blockbuster bis Avantgarde. So gesehen ist Staging Death auch beglückendes Destillat eines würdigen Rechercheprojekts, das 170 Spiel- und 50 Kurzfilme sowie 120 Episoden von Fernsehserien umfasst. Aus all den toten Udos darin wuchs diese Hommage, als Essay und Found Footage-Arbeit und Supercut so unbestimmt, unbestimmbar und „effortlessly cool“ wie sein Star. Mittendrin, als Scheitelpunkt und Schlüsselmoment eine Szene aus John Carpenters meisterhaftem Einstünder Cigarette Burns: Udo Kier entleibt sich und fädelt sein Gedärm in einen Filmprojektor ein. „I made my own movie“, sagt er in die Kamera, ganz so als wisse er nicht, dass er das immer schon getan hat, dass das immer schon so gewesen ist.
(Markus Keuschnigg)
Udo Kier stirbt sich durch die Filmgeschichte. Er schreit, fällt, liegt, wird zerhackt, erschossen oder nimmt sich selbst das Leben. Immer wieder sein leerer Blick, immer wieder sein starrer Körper. In 54 Jahren Schauspielkarriere spielte Udo Kier in mehr als 170 Langspielfilmen, 120 Serienepisoden und 50 Kurzfilmen. Über 70 mal versuchte Udo Kier sich daran dem Sterben und dem Tod einen Ausdruck zu geben. In Staging Death fügen sich diese Todesdarstellungen zu einer Montage von unterschiedlichsten Einstellungsgrößen, Filmformaten, Spezialeffekten und Sounddesigns. Europäisches Autorenkino, Hollywood-Blockbuster, Independent-Trash, Kunstinstallation, Fernsehfilm, Werbespot, Musikvideo und Kinderserie: im Gesamtwerk von Udo Kier wird alles eins. In diesem Sinne bewegt sich auch "Staging Death" zwischen Dokument, Essay, Found Footage, Supercut und Youtubeclip. (Produktionsnotiz, Jan Soldat)
Staging Death
2022
Österreich, Deutschland
8 min
Avantgarde/Kunst, Experimental
Deutsch, Englisch
Englisch, Französisch